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Diesmal geht es nicht um eine Stadt oder ein Land. Es geht auch nicht um Restaurants oder Hotels. Es geht um unsere Reise. Die Reise von Anita und Martin. Die Reise, die uns hierher gebracht hat. Die Reise, die uns als Paar getrennt und als Freunde tief verbunden hat.

Ich hab lange darüber nachgedacht, ob das der richtige Platz für diesen Beitrag ist. Ich denke, er ist es. Denn „Paradoxes Reisen“ ist ein Platz für, Erfahrungen, Empfindungen, für Trauriges und Schönes. Und an all dem möchte ich euch teilhaben lassen.

Für viele kam die Trennung plötzlich, für uns nicht.

Vor über einem Jahr stellte ich fest, dass mein Leben sich ändern darf. Nicht, weil es schlecht oder gar unstimmig war, sondern vielleicht vielmehr, weil alles „rund lief“. Unser gemeinsames Leben war bis dahin ein einziges Freudenfest. Ein Fest, das wir auf jeden Fall voll und ganz ausgekostet haben. Doch wenn du siehst, dass der Mensch, der dir am nächsten steht, nicht mehr der ist, den du von ganzem Herzen liebst, dann sollte das der Zeitpunkt sein, sich genau zu überlegen, wie die gemeinsame Reise weitergeht.

Manche Menschen denken, das es „normal“ ist, dass sich Ehepartner irgendwann nicht mehr so lieben und die Leidenschaft weniger wird. Ich bin, ehrlich gesagt, nicht dieser Meinung. Ich bin wirklich aus tiefstem Herzen davon überzeugt, dass der Moment, in dem du deinen Partner nicht mehr so liebst, wie er es verdient, der Punkt ist, an dem du dich trennen solltest. Nicht, weil es leichter ist, als „durchzugehen“ – ganz im Gegenteil: Es ist bestimmt nicht leicht, den Menschen, den du über alles liebst, aufzugeben: Ihn vor den Kopf zu stoßen. Und es ist bestimmt nicht leicht, sich mit ihm und mit dir selbst auseinanderzusetzen und Entscheidungen zu treffen, die wesentlich schwerer fallen, als alle vorher.

Ich bin diesen Weg gegangen. Meine Erkenntnis? Die Entscheidung, mich zu trennen, war viel schwerer, als die, zu heiraten. Ich würde Anita wieder heiraten und sie mich auch, aber wir würden wieder an den gleichen Punkt kommen. Unsere Zeit als Paar hatte einfach ein Ablaufdatum. Schön ist aber, dass wir uns heute bewusst sind: Unsere Beziehung war wunderbar. Wir haben uns gebraucht, geliebt und beschützt. Sie darf nun zu Ende sein.

Ich wusste, das ist nicht das Ende. Es ist der Anfang einer unbändigen Freundschaft, die jedem den Platz einräumt, den er braucht. Eine Freundschaft, die bis ans Ende unserer Leben reichen wird. Eine Freundschaft, die jedem die Möglichkeit geben wird, mit allen Problemen, die noch kommen werden, zum anderen gehen zu können. Ob Anita oder ich, wir werden beide immer Hilfe und Unterstützung im anderen finden. Ich weiß jetzt schon, dass die Partner die in unsere Leben kommen werden, stark genug sein werden, um mit unserer Freundschaft umgehen zu können. Wenn nicht, werden sie für uns zwei wohl nicht die richtigen sein.

Lasst mich von Anfang an erzählen….

Vor über einem Jahr gab es den Tag, an dem ich feststellte, dass Anita nicht die Frau für den Rest meines Lebens sein wird. Warum nur? Weil sie nicht die Frau ist, die ich auf Beziehungsebene so liebe, wie sie es verdient hat. An dem Tag, an dem ich mir das eingestehen konnte, war nichts mehr dunkel und verspiegelt. Alles wurde klar und hell. Natürlich fragte ich mich, ob ich das Richtige tun würde oder ob ich Anita aus einer Dummheit heraus verletzten würde. Da waren Gedanken wie: „Wie kannst du sowas tun und dein tolles Leben und deine Wirtschaftlichkeit aufs Spiel setzten?“ Oder „Du wirst sie und alles verlieren!“ Doch trotz allen Abwägens meiner Gefühle: Ich konnte nicht mehr retour.

In meinem Inneren wusste ich, dass ich sie nicht verlieren würde. Und auch sonst nichts und niemanden. Ich war so voller Vertrauen in Anita, ins Leben selbst und in meine Entscheidung, dass ich nie wirklich daran gerüttelt habe.

Mit der Art und Weise, wie unsere Trennung über die Bühne ging, habe ich oft gehadert. Natürlich weil es mir oft zu langsam voran ging. Aber hauptsächlich nur deshalb, weil mich das Außen beeinflusst hat. Nämlich Meinungen, Gedanken und Fehleinschätzungen von Freunden, Bekannten oder Menschen, die wir für ihre Sicht der Dinge sogar bezahlt haben. Rückblickend gesehen glaube ich, haben viele von ihnen über die Situation und nicht über uns nachgedacht. Es ging nicht um unsere Gefühle, sondern viel mehr um ihre eigenen Ängste, was sie urteilen ließen. Gott sei Dank hatte keine dieser Meinungen so viel Gewicht, dass wir uns hätten von unserem Weg der Trennung abbringen lassen. Im Gegenteil, für uns wurde dadurch und mit der Zeit alles sonnenklar.

Eine der intensivsten und spannendsten Zeiten in unser beider Leben.

Ein Monat verging und in unserem gemeinsamen Urlaub erzählte ich Anita das erste Mal von meinen Gedanken und meiner Entscheidung. Ihre Reaktion überraschte mich: Auch sie hatte das immer schon gespürt und gewusst, dass wir zwar richtig und wichtig füreinander waren und sind, dass unsere Beziehung aber nicht für die Ewigkeit gemacht ist. So absurd das nun klingen mag, ihr könnt euch nicht vorstellen, wie schön das Gefühl war, zu sehen, dass sogar in dieser so schwierigen und herzzerreißenden Situation unsere Herzen gleich schlugen. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass dieser Urlaub einer der intensivsten war, den wir je erlebt hatten. Es gab keine Sekunde, in der es um Belangloses und Unwichtiges ging. Die Tür war endlich offen, um über unsere wahren Gefühle zu sprechen. Und über die Wahrheit, die wir beide schon länger in uns trugen.

Wir entschieden, danach auf Wohnungssuche zu gehen. Nicht jeder für sich, sondern gemeinsam. Wir waren auf der Suche nach einer Wohnung für uns zwei, in der jeder sein eigenes Zimmer und genügend Platz für sich selbst haben sollte. Wie es der Zufall wollte, wurden wir so schnell fündig, dass es fast schon erschreckend war. Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht an Zufälle glaube und mir sicher bin, dass einem das Leben immer dann das Richtige zuspielt, wenn man es zum einen wirklich will und zum anderen wirklich braucht. Die Wohnung war perfekt und ist es für Anita heute noch. Ich für meinen Teil merkte jedoch bald, dass ich frei sein wollte. Auch räumlich. Ohne Druck, dafür in der richtigen Zeitspanne, ging deshalb auch die Phase des Zusammenwohnens für uns zu Ende. Heute habe ich genau die richtige Wohnung für mich und mein eigenes Leben gefunden, genauso, wie Anita.

Berufliche Trennung? Nein. Es gab beruflich nie den Moment, an dem wir beide daran gezweifelt haben, unser Restaurant, das „Paradoxon“ gemeinsam weiter zu führen. Wir haben es gemeinsam aufgebaut und werden es so lange weiterführen, bis der Zeitpunkt kommt, an dem wir auch beruflich weiterziehen wollen. Es ist absehbar und das ist gut so. Nicht weil es keinen Spaß macht oder es Schwierigkeiten gäbe. Ganz im Gegenteil: Eines Tages werden wir uns neu orientieren. Neue Berufe oder neue Herausforderungen, neue Partner und neue Ziele – egal, es wird ein Ende für einen neuen Anfang sein.

Was Anita angeht, weiß ich heute schon, dass es etwas ganz Großes sein wird, das sie in Angriff nehmen wird. Es wird vielen Menschen helfen. Sie wird darin glänzen und es wird großartig sein, dabei zuzusehen. Dann aber aus der richtigen Entfernung.

Was bei mir ansteht, ist weder mir, noch sonst wem klar. Ich lass es auf mich zukommen. Es ist keine Flucht vor irgendwas oder irgendwem, die mich woanders hintreiben wird. Es ist die Tatsache, dass ich es immer schon genossen habe, mich zu verändern, mich weiterzuentwickeln und mich neuen Plänen und Herausforderungen zu stellen.

Seit Anita und ich das Tantris verlassen haben, war jeder Schritt, den wir gegangen sind, vom ersten bis zum letzten, richtig. Nichts war falsch oder unüberlegt. Für manche mag es von außen so aussehen, als ob ich oder wir nicht überlegt handeln. Nur weil wir nicht nach Norm, Tradition oder dem gewohnten Bild handeln. Wir handeln, jeder für sich, wie es für uns richtig ist und haben trotzdem, in keiner Sekunde, den anderen außen vor gelassen. Jede Entscheidung haben wir gemeinsam getroffen, auch dann, wenn einer den Anstoß geben musste und vielleicht ein bis zwei Schritte schneller ging, als der andere. Dieser Weg war unserer und er wird immer unserer sein. Ein Weg, der mich im Nachhinein betrachtet weder traurig noch unsicher macht, dafür schlichtweg glücklich und zufrieden.

Wir sind bestimmt anderes als andere. Bestimmt treffen wir auch Entscheidungen anders als andere. Warum auch nicht? Es ist unser Leben und wir haben in dieser Form nur dieses eine. Daraus dürfen wir das Beste machen und uns niemals von anderen Meinungen abbringen lassen. Weil wir lernen und lehren, lieben und lieben lassen – für uns und nur für uns.

Unsere Reise als Paar ist zu Ende. Unsere Freundschaft wird niemals enden. Weder in diesem, noch in den nächsten Leben. Sie ist wie eine Schwester für mich.
Ich mag komisch klingen, aber als wir uns das „JA“ vor Gott gegeben haben – und ihr wisst wie ich zur Kirche stehe -, haben wir es ernst gemeint und werden das, was wir uns damit versprochen haben, auch weiter leben: Wir werden uns beschützen und zur Seite stehen bis ans Ende unserer Tage. Wir werden den Partner des anderen lieben, als ob er oder sie zu uns selbst gehören würden. Denn das war, was wir uns wirklich geschworen haben. Dem anderen das Allerbeste zu wünschen und zu gönnen, den anderen zu unterstützen und zu beschützen.

Ich kann euch, gar nicht beschreiben was für eine gute und positive Stimmung im Raum war, als wir uns haben scheiden lassen.

Was ich wirklich über die Liebe denke. Liebe ist für mich viel mehr, Liebe kennt keine Grenzen. Wahrhafte Liebe weiß nicht, wie man Häuser gemeinsam baut, wie man Urlaube bucht oder sich ein Konstrukt aus Materiellem und Vorgetäuschtem aufbaut. Sie weiß auch nicht, wie es dazu kommen kann, so lange zu warten, bis aus Liebe Hass und Missgunst entsteht. Sie versteht nichts von Eifersucht und Unterdrückung unter ihrem Deckmantel. Sie lebt vom Gefühl und nicht für die Sache. Sie ist immer und überall, wo wir sind. Wir können einander alles verzeihen, außer, nicht ehrlich zu uns selbst gewesen zu sein.

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